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"So lange um uns herum Chaos und Gewalt existieren, wird es auch Krimis geben, aber ab dem Tag, an dem es nirgends mehr Gewalt und Chaos gibt, höre ich sofort auf, Krimis zu schreiben." (1)
(Liza Marklund)

Jede Menge Zündstoff – so kommen Sie dran!

Ein guter Kriminalroman braucht eine gute Geschichte. Wie kommen Sie an Ihre zündende Idee und an Ihren Stoff? Der Stoff liegt sozusagen auf der Straße. Leider, möchte man hinzufügen. Man muss nur hinsehen, denn die Realität liefert Stoff in Hülle und Fülle. Die Tageszeitungen sind voll von Berichten über Verbrechen. In Zeitschriften und Magazinen findet man häufig etwas mehr über die Hintergründe von besonders spektakulären, dramatischen oder tragischen Fällen. Gerichtsreportagen zeichnen bisweilen sehr genaue und erschütternde Psychogramme von Tätern. Alles in allem: An einem Tag können Sie Zündstoff für gut und gerne drei Kriminalromane finden. Auch Literatur selbst bietet viele Anregungen und Ideen. Selbst Bücher, von denen sie es gar nicht erwarten, handeln von Verbrechen und liefern Ihnen jede Menge Zündstoff für Ihren Kriminalroman. Eine wahre Fundgrube für Freunde der Kriminalliteratur – Krimiautoren wie Krimileser – ist das Buch der Bücher: die Bibel.

Die Bibel – spannend wie ein Krimi!

In der Bibel finden wir den ersten Mord der Menschheitsgeschichte. Es ist die Brudermord-Geschichte von Kain und Abel. Kain erschlägt seinen Bruder Abel. Was ist sein Motiv? Es ist der Neid auf Abel, dem alles leichter von der Hand zu gehen scheint und dessen Dankopfer von Gott angenommen wird, während sein eigenes – Kains Dankopfer – verschmäht wird. Aus Zorn darüber erschlägt Kain seinen Bruder Abel.

Ein dramatischer Kurzkrimi, atemberaubend erzählt:

Die kurze Geschichte von Kain und Abel enthält tatsächlich alle Elemente, die ein Krimi braucht. Wir haben ein Verbrechen (Mord), einen Täter (Kain) und ein Opfer (Abel). Wir haben das Tatmotiv (Neid), einen Tatort (Acker) und die Tatwaffe (Stein). Wir haben einen Ermittler, der zugleich Richter ist (Gott).

In der Geschichte finden wir in großer sprachlicher Verdichtung das Verhör („Kain, wo ist dein Bruder Abel?“), die Überführung des Täters („Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde“) und die Verurteilung Kains („Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden“). Der Richter verkündet nicht nur das Urteil, sondern gewährt dem Mörder Kain auch Schutz vor Lynchjustiz („Wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.“). (1)

Im Midrasch Tanchuma, einer spätantiken Sammlung von rabbinischen Auslegungen zu den fünf Büchern Mose wird die biblische Kriminal-Erzählung noch etwas weitschweifiger ausgeschmückt. Dabei werden Fragen von Schuld und Verantwortung näher beleuchtet. Kain versucht sich zu rechtfertigen oder doch zumindest für mildernde Umstände zu plädieren:

„ ... Ich habe noch nie einen Getöteten gesehen und konnte nicht wissen, dass ich ihn töte, wenn ich ihn mit einem Stein schlage ... Und Kain fragte, habe wirklich ich ihn getötet, bist du es doch, der den bösen Trieb in mir erschaffen hast. Du wachst über alles, nur mir hast du es erlaubt, ihn zu töten. Du hast ihn getötet, denn hättest du meine Gabe wie die seine angenommen, hätte ich es ihm nicht geneidet“. (2)

Diese Passage verleiht dem Konflikt eine zusätzliche Dimension und wirft wiederum neue Fragen auf: Verdient Kain mildernde Umstände? Hat Gott ihn ins offene Messer laufen lassen? Wollte Gott ein Exempel statuieren? Einen exemplarischen Gerichtsfall schaffen? Und hätte er nicht die Macht gehabt, Kain anders handeln zu lassen, ganz einfach indem er sich dem Opfer Kains gegenüber ebenso wohlgefällig gezeigt hätte, wie dem Opfer des Bruders? Was also ist das Motiv Gottes, des Richters? Warum hat er das Opfer Abels angenommen und das Opfer seines Bruders Kain verschmäht? Wie steht es mit Freiheit und Eigenverantwortung des Menschen?

Sie sehen, in den wenigen Zeilen der Geschichte steckt Zündstoff für einen der spannendsten Kriminalromane aller Zeiten. Die Bibel ist voll von Kriminal- und Sündenfällen und eine ausgezeichnete Fundgrube für Krimiautoren und Leser. „Vom kleinen Eigentumsdelikt bis hin zum staatlich geplanten Massenmord reicht die Bandbreite der Vergehen, von Geldgier über Eifersucht und Hass bis zum politischen Kalkül die Liste der Tatmotive.“ (3) Die Bibel verdient einen Ehrenplatz in Ihrem Krimi-Regal – aber vor allem verdient sie eines: gelesen zu werden!

(1) Kain und Abel, 1. Mose/Genesis 1-16;
unter www.bibel-online.net finden Sie verschiedene Übersetzungen.

(2) zitiert nach www.jcrelations.net

(3) Kriminalgeschichten der Bibel, Verlag Deutsche Bibelgesellschaft
Die ausgewählten und eingeleiteten Kriminalgeschichten von Bertram Salzmann geben einen neuen Einblick in die biblischen Krimis.

 

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