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"Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Weiter nichts."
Oscar Wilde

Krimi in Deutschland: ein Genre in Sippenhaft?

Relativ spät in Deutschland – erst Anfang der 1960er Jahre – beginnt die Geschichte des deutschen Kriminalromans. Bis dahin waren es fast ausschließlich angloamerikanische Krimis, die in deutscher Übersetzung auf den Markt kamen. Mit Raymond Chandler, Dashiell Hammett oder Edgar Allan Poe ist der Kriminalroman traditionell in Amerika und England verwurzelt. In Deutschland, dem Land der Dichter und Denker, galt er hingegen als minderwertige Literaturgattung, ja sogar eigentlich überhaupt nicht als Literatur. Nirgendwo sonst wurde – und wird bis zum heutigen Tag – die Literatur so fein säuberlich nach den Kategorien E und U geschieden. E steht für ernsthaft = seriös = Kunst. U steht für Unterhaltung = trivial = Schund. Der Kriminalroman zählt im Bewusstsein von Literaturkritik und Feuilleton zur U-Kategorie. Sein seriöser Bruder, der Roman, genießt dagegen fast automatisch alle Weihen der Hochliteratur.

"Das Schlimme bei dieser Sache ist, daß viele Leute sich gar nicht klar darüber sind, daß es so etwas wie einen guten Kriminalroman gibt; es kommt ihnen vor, als ob man von einem guten Teufel spräche." – so der englische Schriftsteller und Schöpfer von Pater Brown, Gilbert Keith Chesterton. (1)

Die schlicht gestrickte Einteilung in E- und U-Literatur wird selten anhand ästhetischer Kriterien am jeweils konkreten Werk überprüft. Sie beruht letztendlich auf der Voraussetzung, dass nicht Kunst sein kann, was „nur“ unterhält, und ist – so gesehen – selbst völlig unhaltbar. Wahr ist vielmehr: In jedem literarischen Genre gibt es solche und solche, das gilt für E wie für U. Und außerdem: Was sollte schlecht daran sein, dem Leser ein paar Stunden spannendes Lesevergnügen zu bereiten? Die besten unserer so genannten E-Autoren wollen den Leser mit ihrer Kunst immer auch unterhalten. Auch wenn die Grenzen zwischen E und U innerhalb der letzten 20 Jahre sehr viel durchlässiger geworden sind, so trägt die traditionelle Vorabverurteilung und In-Sippenhaft-Nahme eines ganzen literarischen Genres Mitschuld daran, dass der deutsche Krimi in Deutschland auch heute noch unterrepräsentiert ist und international eine eher geringe Rolle spielt.

Nur ein Viertel aller Krimi-Erstausgaben – das sind zwischen 180 und 200 Titel pro Jahr – stammt von deutschen Autoren. Die restlichen 75 % – ca. 600 Titel jährlich – sind noch immer Übersetzungen von Krimis aus dem angloamerikanischen Raum. Umgekehrt wird aber kaum ein deutscher Krimi ins Englische übersetzt.

Tobias Gohlis, der in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ die Krimikolumne betreut, stellt auf der einen Seite fest, „ dass es bisher noch sehr wenige deutsche Autoren gibt, die sich mit – nicht mit den Klassikern Chandler oder Hammett, nein – mit den gegenwärtig besten Amerikanern und Briten messen können.“ (2) Andererseits attestiert er der deutschen Krimiszene von heute Vielseitigkeit und Lebendigkeit:
„Gestiegene literarische Qualitätsansprüche führen zur Überwindung der übermächtigen amerikanischen Vorbilder Highsmith und Chandler. Autoren wie Jakob Arjouni, Gunter Gerlach, Roger M. Fiedler, Jörg Juretzka oder Norbert Klugmann/Peter Matthews spielen unverfroren mit den Stereotypen; Astrid Paprotta und Friedrich Ani haben höchst bemerkenswerte Psychothriller geschrieben; Horst Eckert pflegt eine schwarze Form des Polizeiromans. Alles in allem: der junge deutsche Krimi wird allmählich selbständig und erwachsen.“(3)
Auf der Homepage von Tobias Gohlis www.togohlis.de finden sich seine Krimi-Rezensionen. Vergnüglich zu lesen, fundiert und aktuell auch sein Blog: Krimitagebuch.

(1) Gilbert Keith Chesterton (1874-1936),
zitiert nach www.hammet-krimis.de

(2,3) Tobias Gohlis, zitiert nach www.goethe.de/kue/lit/thm/de26884.htm

Das literarische Schmuddelkind wird salonfähig!

Die Anerkennung, die der Kriminalroman weltweit – und mittlerweile auch in Deutschland – genießt, drückt sich in den zahlreichen renommierten Literaturpreisen aus, die für diese Gattung vergeben werden. Neben den amerikanischen Awards wie Edgar Allan Poe Award, Shamus Award, Anthony Award sind es in England die CWA Dagger Awards, in Frankreich der Gran prix de littérature policière und in Deutschland der Deutsche Krimi Preis und der Friedrich Glauser-Preis. Letzterer ist benannt nach dem Schweizer Autor Friedrich Glauser, der als einer der ersten bedeutenden deutschsprachigen Kriminalromanautoren der Gegenwart gilt.

Dass es der Krimi auch in Deutschland aus der Schmuddelecke in den literarischen Salon geschafft hat, beweist der grandiose Erfolg von Andrea Maria Schenkel: Sie eroberte mit ihrem Roman „Tannöd„ aus dem Nichts heraus Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Ihr Krimi wurde ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimi-Preis 2007 und dem Friedrich-Glauser-Krimipreis 2007 für das beste Debüt. Bis November 2009 verkaufte er sich mehr als 1.000.000 Mal. Schenkel, die vor ihrem Bestseller nicht eine einzige Zeile veröffentlicht hatte, schoss sofort eiskalt nach – und landete mit „Kalteis“ ihren zweiten Volltreffer.

Sie sehen, in der überschaubaren jungen deutschen Krimiszene, haben Newcomer noch alle Chancen, sich mit ihrem Krimi Meriten zu verdienen und sich dabei gleichzeitig um den deutschen Kriminalroman verdient zu machen. Gibt es einen größeren Ansporn, um einen wirklich guten Krimi zu schreiben?

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